GESCHICHTE

„Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir; hab keine Angst, denn ich bin dein Gott! Ich habe dich stark gemacht, ja ich habe dir geholfen und dich gehalten mit meiner siegreichen Rechten.“

Begegnung mit den Kindern und Straßenarbeit

Die Hilfe für die Kinder begann in einer Winternacht 1997, als wir neun Kindern, deren Eltern sich nicht um sie kümmerten, im Stadtteil Kopli in Nord-Tallinn begegneten. Die Kinder waren dreckig, in schmutzigen Kleidern und sehr verängstigt. Wir versuchten mit ihnen zu sprechen, doch sie rannten davon. Der älteste Junge unter ihnen blieb zurück und wir fragten, ob sie Essen bräuchten, woraufhin er antwortete, dass sie sich über etwas zu essen freuen würden.

Glücklicherweise gab es ein Westman‘s Lebensmittelgeschäft in der Stadt, welches rund um die Uhr geöffnet hatte und welches wir in dieser Nacht zweimal besuchen mussten, da das Essen vom ersten Einkauf schnell verbraucht war. Auf unserem Weg zurück von Kopli dachten wir, dass wir mit Gottes Hilfe eine gute Tat vollbracht hatten, und wir waren uns sicher, dass dies unser letzter Ausflug in dieses Stadtviertel, bekannt für Kriminalität, Drogenabhängige und Obdachlose sein würde. Am nächsten Tag machten wir uns Gedanken darüber, dass die Kinder wohl heute wieder hungrig sein werden und die folgenden Tage ebenfalls. Noch an diesem gleichen Abend kehrten wir mit neuem Essen zurück und unsere Besuche in Kopli wurden regelmäßig, mehrmals wöchentlich.

Die jüngsten unter den Kindern, denen wir begannen zu helfen, waren gerade mal fünf bis sechs Jahre alt, die ältesten 15. Die Häuser, in denen sie lebten, hatten kein Wasser, keinen Strom und keine Toiletten. Stattdessen wurde das Erdgeschoss, in dem niemand lebte, als Toilette benutzt.

Ab und zu, wenn ein Erwachsener es geschafft hatte ein Kabel von einer Straßenlaterne mit dem Haus zu verbinden, konnte man nachts Strom benutzen, doch meist entfernte die Elektrizitätsgesellschaft die Kabel schnell wieder. In vielen Fällen lebten die Kinder getrennt von ihren Eltern, weil es sicherer für sie war, doch einige der Kinder wussten gar nicht, wo ihre Eltern waren. Die Schule zu besuchen war unter diesen Umständen sehr schwierig, obwohl es einige Kinder gelegentlich versuchten.

Eines Tages fragten die Kinder: „Ihr seid von der Kirche. Warum ladet ihr uns nie dorthin ein?“ In die dunkle, kalte Peeteli-Kirche mit zugemauerten Fenstern, in der kaltes Wasser aus einem Hahn kam und Wasser in den Keller tropfte? Unter diesen Bedingungen war es nicht möglich, den Kindern dort die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen und unsere Arbeit wurde draußen fortgesetzt.

1997 versorgten wir die Kinder hauptsächlich mit Lebensmitteln, warmer Kleidung, Decken und organisierten Ausflüge in die Natur. Unser Haupttransportmittel war dabei ein Dreisitzer Ford Transit Minibus. Wir packten die Kinder, Essen und ein paar Fußbälle in den Kofferraum und fuhren aus der Stadt heraus in die Natur.